Unsere Frage an REV’IT! war ziemlich einfach. Covid hatte die meisten Fotoshooting-Pläne über den Haufen geworfen, aber unsere Oregon-Crew war geimpft worden, also sagten wir: Schickt uns eure neueste Abenteuerausrüstung, wir besorgen ein paar der neuesten Reiseenduros und ein cooles Custom-Bike und machen eine Reise durch Oregon, um die ‚magische Stunde’ zu erleben und schöne Fotos zu schießen. Bei diesem Shooting wären wir unsere eigenen Models. Keine Stylisten, kein Wohnmobil, keine Produzenten – nur wir und ein lockerer Plan, um Abenteuer zu finden. Ein echter Traumjob.
Ein paar Wochen später kam ein Karton mit zwei Defender 3 GTX Anzügen, einem Dominator 3 GTX Anzug, drei Paar Expedition H2O Stiefeln sowie Helmen von NEXX und Bell an. Dazu das passende Zubehör wie Handschuhe, Trinkrucksäcke, Socken und Unterwäsche. Das war wie Weihnachten im Juni! Telefonate mit Freunden bei BMW und Ducati halfen uns, zwei der neuesten Reiseenduros zu besorgen: eine BMW R 1250 GS Adventure und eine Ducati Multistrada Enduro 1260. Eine Reise zu dritt sollte es werden.
Matt Sanders, Fahrer Nr. 2, und ich arbeiten seit einigen Jahren bei Fotoaufnahmen für REV'IT! zusammen und sind schon lange befreundet. Ich trage REV'IT! Kleidung, seit ich 2004 meine erste Reiseenduro gekauft habe, REV'IT! hatte gerade mit dem Import in die USA angefangen. Dritter Teilnehmer war mein Freund Matias, den ich ein Jahr zuvor in New York kennengelernt hatte. Er war mit einem Kumpel und mit seiner R 80 GS nach Argentinien gefahren und hatte über diese Reise in dem Buch „Two Wheels South“ geschrieben. Die Zeit im Lockdown hatte er damit verbracht, seine alte BMW R 100 GS für eine bevorstehende Reise nach Afrika umzubauen.
Matias hatte sein Motorrad nach Oregon verschifft, um es auf der 1 Moto Show auszustellen, und ließ es dort, um mit ihm auf diese Reise zu gehen. Dieses Abenteuer sollte eine Feuerprobe für seine umgebaute GS werden, das erste Motorrad seiner neuen Firma Myth Motors. Für Matt und mich war dies die Möglichkeit, die neuesten und besten Motorräder von BMW und Ducati zu fahren und Teile von Oregon zu erkunden, die man sonst nur selten zu sehen bekommt. Leider stürzte Matias am Tag vor unserer Abreise bei der Probefahrt und brach sich den Knöchel, so dass für ihn der Trip ins Wasser fiel.
Doch wie heißt es so schön im Showbusiness: „Die Show muss weitergehen". Zum Glück hatte unser Freund und Rennfahrerkollege Scott Rounds – nicht nur ein großartiger Fotograf, sondern auch ein hervorragender Fahrer – vor kurzem seinen Job gekündigt, um freiberuflich tätig zu sein. Was für ein Zufall, er hatte die gleiche Kleidergröße wie Matias. Die Show konnte also weitergehen!
Während Scott sich auf die Reise vorbereitete und weniger als einen Tag Zeit hatte, um seine Angelegenheiten in Ordnung zu bringen, hatte ich das Motorrad von Matias auf der Hebebühne in meiner Werkstatt und arbeitete in letzter Minute einige Verstärkungen in den neuen Gepäckträger ein. Der war nämlich viel zu wackelig, um eine Woche in Oregon zu überstehen, geschweige denn einen Monat in Afrika. Es wurde eine lange Nacht des Schweißens und Bastelns, aber am Morgen war die ganze Sache stabil.
Am frühen Montag bepackten wir die Multistrada, die GS Adventure und die Myth R 100 GS mit Campingausrüstung, Wechselkleidung und reichlich Kameraausrüstung. Unser Plan war es, auf Nebenstraßen zu den Painted Hills zu fahren, wo ich einen guten Campingplatz kannte. Die Painted Hills sind eines der sieben Wunder von Oregon und ein spektakulärer Zwischenstopp auf unserem Weg nach Osten zu unserem großen Ziel, die Alvord Desert.
Unser ursprünglicher Plan, den Mt. Hood – den schlafenden Vulkangipfel östlich von Portland – auf einer Nebenstrecke hinaufzufahren, wurde zunichte gemacht durch die Waldbrände des letzten Jahres, die viele Straßen unpassierbar gemacht hatten. Also fuhren wir stattdessen die Hauptstraße hinauf und erreichten die Passhöhe bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt. Im Government Camp hielten wir an, um unsere Thermounterwäsche anzuziehen, und machten uns dann auf den Weg zu einer Straße, die Scott kannte und die spektakuläre Ausblicke auf den Mt. Hood bieten sollte. Doch nach nicht einmal einer Meile war die Schneedecke höher als unsere Motorräder. Sogar ein Jeep hatte sich bis zu den Türen eingegraben und versperrte den Weg. Unsere Bergfotos würden warten müssen.
Wir nutzten die Zeit und fuhren nach Madras, einer kleinen Stadt mit einem Lebensmittelgeschäft, in dem wir Steaks, Kartoffeln und Bier kauften. Mit den Lebensmitteln im Gepäck und 80 Kilometer schönste Schotterstraße vor uns machten wir uns auf den Weg, um den Sonnenuntergang zu erleben. Leider wurde diese wunderschöne Straße zum Schauplatz unseres ersten Malheurs. Unsere autonome Drohne verfolgte uns, als wir durch einen wunderschönen, gewundenen Canyon fuhren, nur um nach etwa 30 Kilometern die einzige Stromleitung weit und breit zu treffen. Seufz.
Als wir in den Painted Hills ankamen, war der Himmel untypisch grau. Es war zwar immer noch schön, aber das dramatische Lichtkonzept, das wir uns vorgestellt hatten, fehlte völlig. Doch Geduld und Glück sind enge Freunde, und sie kamen auf spektakuläre Weise zusammen, als sich die Wolken schließlich verzogen und die rot gestreiften Hügel in die goldenen Farben einer Postkarte tauchten. Nachdem wir die ersten Aufnahmen im Kasten hatten, konnten wir uns bei einem wohlverdienten Bier entspannen und Steaks genießen, die wir direkt in der offenen Glut des Feuers grillten…